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Champion Of The Race: Bernie Ecclestone

von Katja Schickel



Der Prozess als Geschäftsmodell

Merkwürdige Geschichte: Da wird ein Verfahren eröffnet, weil und nachdem in einem anderen ein Angeklagter bereits wegen Bestechlichkeit verurteilt worden ist. Das Gericht sah es im Juni 2012 als erwiesen an, dass der ehemalige BayernLB-Vorstand Gerhard Gribkowsky vierundvierzig Millionen Euro erhalten hatte, um einen Verkauf der BayernLB-Anteile an der Formel1-Holding zu erreichen und zwar von Bernie Ecclestone, dem Geschäftsführer und faktischen Besitzer dieses Unternehmens, dem es in seinem eigenen Verfahren zu ebendiesem Vorgang – Korruption und Anstiftung zur Untreue in einem besonders schweren Fall – nun gelang, einen Deal auszuhandeln, der zur vorzeitigen Einstellung seines eigenen Prozesses führte. Der eine wird wegen Bestechlichkeit – Annahme von immerhin vierundvierzig Millionen Euro – zu achteinhalb Jahren verurteilt, die jedoch wegen der jetzigen Einstellung des Verfahrens gegen Ecclestone eigentlich gar nicht stattgefunden haben kann, denn wenn Ecclestone sich nicht für die Deals mit dem Banker bei eben diesem erkenntlich gezeigt hat, liegt im Grunde doch weder Bestechung noch Bestechlichkeit vor. Das Geschehen hat sich wie von Zauberhand irgendwie in Luft aufgelöst. War da was? Nein, da war nie etwas... nur einer der Beteiligten sitzt jetzt hinter Gittern.


Big Wheel Ecclestone´s Deal - Auf dem freien Markt

Eine Hand wäscht die andere. Das ist so, vor allem in diesen reichen Milieus. Manchmal bleibt eine schmutzig, die andere nicht. Sauber ist sie deshalb noch lange nicht. Der mehrfache Milliardär (whow, alles mit der Formel1 in die eigenen Taschen gewirtschaftet!...?) zahlt aus seiner Portokasse 100 Mio. US-Dollar an die bayerische Staatskasse, gilt damit als unschuldig und kann so weitermachen wie bisher. Business as usual. Wie schon im Fall Hoeneß, zugegebenermaßen einige Nummern kleiner, dem fehlt noch die eine oder andere Null vor dem Komma, war auch hier die Hauptverhandlung noch nicht weit fortgeschritten, der Sachverhalt nicht annähernd geklärt. Man wird sogar sagen müssen, dass gerade dieser Prozess sich wegen der belastenden Vorgeschichte weder für eine Einstellung eignete, noch nach § 257 c StPO ein „geeigneter Fall“ für einen Deal und damit ein vorschnelles Ende war. Der Sachverhalt, der zu verhandeln war, rechtfertigte dieses Ende zu keinem Zeitpunkt, bedeutet aber den Verzicht auf überhaupt ein Urteil. Der Paragraf 153 a StPO wird angewandt, um die ständig steigende Zahl von Bagatellfällen vor Gericht in den Griff zu bekommen: Also Einstellung eines Verfahrens gegen Geldauflage, wenn es sich mit der „Schwere der Schuld“ vereinbaren lässt; rund 290.000 Fälle werden so jährlich ad acta gelegt. Der 2009 eingeführte Paragraf 257 c StPO regelt Urteile zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Angeklagten. Es wird nicht mehr juristisch verhandelt, um „die Wahrheit gerungen“, um es etwas pathetisch auszudrücken, sondern um die Möglichkeit der Einstellung und die Höhe der Geldauflage gefeilscht. Wie und warum das Gericht gerade auf 100 Mio. US-Dollar gekommen ist, was da Grundlage einer wenigstens finanziellen Beurteilung war, bleibt verborgen. Die Kritik an diesem Paragrafen ist bekannt und wird gerade nach diesem Deal wieder laut.


Big Wheel´s On Fire

Ekelhaft, wie es zum Himmel stinkt, obwohl Geld doch gar nicht stinken soll. Das Gericht hat sich sein Urteil regelrecht abkaufen lassen, indem es (am 05.08.2014) gar kein Urteil fällte, sich weder um Schuld- noch um Freispruch bemühte. Es ging die ganze Zeit nur um Geld, wovon Ecclestone überdurchschnittlich viel hat und offensichtlich auch am meisten versteht, und er hat den Prozess bekommen, den er haben wollte, nämlich keinen, der ihm schadet, und dafür hat er getan, was er offenbar am besten kann: Er hat die leidige Sache mit Geld aus dem Weg geräumt und sich persönlich vom Hals geschafft. Das Gericht fungierte für ihn wie eine Art Geld-Waschanlage: Ecclestone ließ Geld regnen und versprühen, womit er zugleich sich selbst, sein Geschäftsgebaren und seine Autos rein waschen konnte und der Mann mit der weißen Weste blieb. Klingt nach Mafia. Ist vermutlich Mafia. Wenn so zukünftige Strafprozesse aussehen, wie schon vorher bei Ackermann & Co., dann ist die Justiz wahrlich keine demokratische, unabhängige Instanz mehr, weil sie sich selbst nicht mehr bemüht, eine zu sein, weil sie die Werte, die sie verkörpern soll, desavouiert und korrumpiert. Und Ecclestone, der gerne den Haudegen und Macho gibt (nur verbal, denn bei 1,59 Körpergröße muss er anders punkten), sich immer wieder als Antidemokrat outet, dem Erpressung und politische Einmischung liegen (u.a. in Spanien), dem Hitler noch nicht weit genug ging, kauft sich einfach alle(s), auch ein deutsches Gericht: Bernie, Champion Of The Race. 


© Ecclestone vor Gericht, August 2014; formule1.info.nl 


s. hier auch:  Steuerhinterziehung: international; in Deutschland; der Fall Hoeneß

05VIII2014

 



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