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Mitteilungen aus der Jetzt-Zeit

von Marie Kasal


 

Alptraum: Es ist noch nicht

Zeit. Es ist nicht mehr Zeit.

Parmesan und Partisan,

wo sind sie geblieben.

Wer hat sie aufgefressen.

Wer hat uns hier vergessen.

Wann seh´n wir uns das nächste Mal

Bei Regen, Donner, Wetterstrahl

Wenn der Wirrwarr ist zerronnen,

Schlacht verloren und gewonnen.

Noch vor Untergang der Sonnen.

Wo der Ort?

Ich muss fort!

Schön ist die Wüste,

und wüst ist das Schöne.

Muss die Kröte schlucken.

Kröte ruft sogleich:

Nur das Freie ist schön...

Wirbelts durch Nebel und Wolkenhöhn!


And the colored girls go doo, doodoo, doo, doodoo, doo...


Das Prinzip der totalen Überwachung,

mit dem der Präsident und seine Dienste

auf ihren Späh- und Beutezügen durch die ganze Welt

lange Zeit kaum Spuren hinterließen, wird bereits

von anderen Diensten längst kopiert und angewendet.

Die vom abtrünnig gewordenen S. aufgedeckte Spionage

von NSA, Tempora und XKeyscore kann auch

als Anfang des ersten Cyber-Kriegs gedeutet werden.


S. hat nichts verraten, er hat die Männer, seine ehemaligen

Glaubensbrüder, nur Pharisäer genannt, sie bezichtigt,

nicht die Wahrheit zu sagen und andere hinters Licht zu führen,

und die Tempelanlage, in der er einmal selbst

die ihm aufgetragene Arbeit tat, in ihren Grundfesten erschüttert,

aber nicht zum Einsturz gebracht, auch wenn die Wellen

immer noch hoch gegen die Quader und Wachtürme

schlagen. Ein Durchsickern oder Weichwerden gar

der meterdicken Wände wie bei porös gewordenen Deichen

ist hier niemals zu befürchten. Die Wellen sind doch

nur Metaphern, die gewaltigen Sicherheitsbunker

stehen sichtbar in einsamen, wüstenähnlichen Gegenden,

wie Spiel-Casinos aus Stahl und Beton hinter Gestrüpp

oder in barocker Pflanzenwelt, im Hintergrund nur

beschattet von ein paar stillen grauen Bergen.


Im Schlepptau bringt die NSA und ihre Mitstreiter

kriminelle Trupps und Gangs hervor, die ihre millionenfachen

Daten-Geschäfte in lukrative Höhen treiben und dabei

gleichzeitig dem von Kindesbeinen an propagierten Spieltrieb

mit War- und Battle-Games weiter frönen können. Problemlos

kann man profitieren, Geld abschöpfen und erpressen,

kann unliebsame Individuen ausweiden, ganz aus dem Datennetz

ausschalten und verschwinden lassen oder die persönlichen Daten

bis zur Unkenntlichkeit der jeweiligen Person verändern

und manipulieren, sie löschen und vernichten. Beamen war nie

einfacher, Krieg auch nicht. Keiner sieht ihn, hört oder riecht ihn.

Er ist wie Luft. Manchmal schneidend, ätzend und giftig,

atmen wir doch einfach immer weiter, als sei nichts geschehen.


Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß, ist das Credo

einer ganzen Generation von digitalen Eingeborenen,

wie sich die Idioten selber stolz nennen. Blinde Kuh,

raus bist du. Raus bist du noch lange nicht, sag mir erst,

wer und was du bist. Blinde Kühe machen Mühe. Männer

der Neurowissenschaften lieferten die Vorarbeiten, sagten,

der Mensch habe keinen freien Willen, bestehe lediglich

aus biochemischen Reaktionen und Prozessen, die Reflexe und

Gegenreflexe auslösten. Träume, Fantasien? Nur logische Antwort

auf Signale. Knöpfchen drücken. Tasten streifen, Pedale treten,

Hebelchen bewegen. Maus sein im globalen Tierversuch

oder Präsident. Der Mensch handelt nicht selbst, er wird gesteuert.

Quod erat demonstrandum. Nicht nur


von chemischen Stoffen, sondern genaugenommen von Zahlen,

der Eins und der Null. Lauter Nullen. Null-Sprech. Man

bestimmt die Kommunikation der Menschen untereinander

und spart sich so die immensen Kosten für Werbung und Propaganda.

Auch die unschöne, in Misskredit geratene Gehirnwäsche

kann man streichen. Mit einem Wisch ist alles weg, lupenrein,

steril und ausgelöscht. Man hat nicht mehr nur Zugriff

auf die Produktion von Menschenleben, sondern bestimmt jetzt

jeden Lebenslauf bis hin zum Tod. Irgendwer spielt Schicksal

und keiner merkt es. Man ist Gott gleich. So


wie sich ein paar Jahrtausende vorher Menschen Götter

nach ihrem Ebenbild und der Vorstellung, die sie von der Natur

hatten, schufen, ist man jetzt unbedingt bereit zur Übernahme

des Großen und Ganzen. Die Männer vom Dienst kontrollieren bereits

das gesamte Genmaterial, die biologischen und physiologischen

Prämissen der Lebewesen, der Flora und Fauna, bestimmen

Zeit und Ort von Zeugung und Aussaat, von Geburt, Ernte und Ertrag,

von Gebrauch und Verfall, von Entsorgung und Zerstörung.

Mit Mülltrennung und Datenaustausch beginnt ein neuer Kreislauf,

den Algorithmen folgend und dennoch seltsam spiralförmig

verbogen. Die Männer wollen nämlich nicht bloß nach vorn,

sondern immer noch weiter nach oben. Dorthin, wo lange

der Kinderglaube Gott wohnen ließ. Der ist längst vertrieben und irrt,

urbi et orbi murmelnd, obdachlos herum. Den Himmel beherrschen

wie die Erde, das ganze Universum. Die Waffen sind unsichtbar,

drohnengleich hängen sie am Firmament wie an der Decke

unter jedem Dach, das einen Netzanschluss beherbergt.

Wireless Local Aera Network.


Gespinste und Knoten, alle Fäden in der Hand behalten,

das Netz weit auswerfen, Schlinge zuziehen, Beute fangen.

Virtuelle Tote bloß, vergossenes Blut irgendwo weit draußen.

Jedes undefinierbare, nicht Daten-gestützte Objekt ist ein Feind.

Jede verschlossene Tür muss geöffnet werden, wenn sie nicht

freiwillig nachgibt. Die Axt im Haus erspart den Zimmermann.

Schlachtentscheidend sind Drähte, Kabel und Schaltanlagen und

die Frage, wie weit die Krakenarme wirklich reichen. Heute

muss das Bollwerk werden, fest verankert in der Erden,

mannhaft und unerschütterlich verteidigt, nun da es einmal da ist,
wenn nötig über alle Feuermauern dieser Welt hinweg.

Es gilt das Wort, die eine und einzig autorisierte Rede:

Im Kampf um Recht und Frieden lasst uns sein

ein einig Volk von Waffenbrüdern. Wer nicht für uns ist,

ist schließlich gegen uns und muss eliminiert werden.

Wir haben den Code. Wir haben alles unter Kontrolle.


Wir haben alle Codes. Wir sind die Sicherheit, das Siegel,

Schloss und Schlüssel, Gitter und Verlies. Wir sind

im Zeichen Kains die absolute Nummer Eins.

Roger, and over -



 

August 2013


© Marie Kasal, letnapark-prager-kleine-seiten.com 

 

 


Mitteilungen aus der Geschichte der Metaphern:

Überlegungen vor und hinter dem Netz: Tückische Transparenz von Stefan Laube:

 

http://www.z-i-g.de/pdf/ZIG_4_2013_laube.pdf

 



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