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Verstecke und Zufluchtsorte

 

Anna Kasal

 

 

 

 

Wie ein Lächeln irrlichtert

die Landschaft über Abteilfenster

und die staunenden Gesichter

in die verworrenen Netze

der mitgeschleppten Erinnerungen,

begleitet von flüchtigen Dakapos

auf ein hell leuchtendes Früher,

im ratternden Takt des endlosen Zuges,

vom Herzklopfen eines Kindes bewegt,

von einem Traum, schon hinterlegt

in Geheimschrift auf der Zunge.

Ein Murmeln auf den Lippen.

Die monotone Flüsterpropaganda

der vorgezeichneten Bahn greift

nach den alten, verzweigten

Geschichten, auf die Verluste zurück.

 


Mitgeführte Kopien von Urkunden, Zeugnissen

und nutzlos gewordenen Kontrakten; letzte

Geheimnisse, ängstlich in Sicherheit gebracht

vor dem Leben. Unter der Haut suchen wir

und finden Verstecke und Zufluchtsorte,

bevor wir spurlos verschwinden,

ein Haus unter unbeschwerteren Wolken,

in den vorüberfliegenden Bäumen.

In das kleine Licht, das eine milde Sonne

uns lässt, fährt schon der Schmerz. Für´s erste

verbinden sich Mistelzweige versuchsweise

himmelwärts und die wirren Geräusche

der Stille beim Abschied nehmen.

 


Einer lebt schweigend zwischen den Gleisen,

der kennt alle Pläne und fängt die vergessenen

Nachrichten ein; die fliegen im Fahrtwind

herum auf den Bahnsteigen. Die anderen,

die in die Ferne wollen, kennen sich aus

mit dem Gepäcktragen und den Gewichten 

 

 

 

 

 

 

 



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